Geneigte Leserin, geneigter Leser,

ein Jahreswechsel steht an (oder ist schon vorbei - ich weiß ja nicht, wann Sie sich auf dieser Seite einfinden), und damit das Ende eines weiteren Aufregerjahres mit Corona und vor allem mit einem Krieg in Europa. Als Kriegsfolge gibt’s eine Energiekrise und damit einhergehend eine Teuerung „allüberall“. Nicht nur auf den „Tannenspitzen“ sondern gleich bei der ganzen Tanne samt Beleuchtung. Dazu das Herbeireden von sogenannten Blackouts, gleich mit üppigen Einkaufs- und Vorsorgelisten versehen – wohl um den „Markt“ mit ein bisschen frischem Geld zu versorgen. Und dann waren und sind da noch die durchaus wichtigen, in sich aber selbst uneinigen Klimaschützer versus „Klimaterroristen“. Von richtigen oder (je nach Coleur) herbeigeredeten Skandalen in der Politik gar nicht zu reden.

Wo stehen wir also? Als Kleingärtnerinnen und Kleingärtner offensichtlich eher an der Seite der Natur, denn noch haben sich keine Mitglieder an ein Vereinshaus geklebt, selbst wenn sie mit ihrer Vereinsleitung unzufrieden sind. Und andersrum ist dies meines Wissens nach auch noch nicht geschehen, Funktionärinnen und Funktionäre sind nämlich eher robuste Menschen.

Sie fragen sich, warum ich gerade zum Jahreswechsel auf dieses Thema komme? Erstens war erst kürzlich der Welttag des Ehrenamtes, und, zweitens, gab es wieder einmal eine Situation, wo ein Mitglied den Verein mit der Heilsarmee verwechselte. Nun ist das Wissen vieler Mitglieder über die Tätigkeiten und die Verantwortung der Funktionäre nur rudimentär, was sich auch darin äußert, dass manchmal angenommen wird, dass der ehrenamtliche Obmann oder eben die Obfrau persönliche Bedienstete mit Topbezahlung sind – und daher nicht nur für alles und jedes zuständig, sondern auch an allem schuld sind.

Ihre Vereinsleitung ist ja nicht nur dazu da, um sich um die jährliche Pachtvorschreibung zu kümmern und dem Zentralverband Neupächter vorzuschlagen, was manchmal durchaus herausfordernd sein kann, sondern sich vor allem auch um die Infrastruktur wie Kanal, Wasser oder sonstigen Anlagen wie Wege, Park- und Müllplätze sowie um die Schneeräumung und den Vereinsgrund samt Haus kümmern muss, was auch Einholung von Kostenvoranschlägen bei Reparaturen oder Neuerrichtungen, dann Vertragsabschlüsse nach diversen Sitzungen und natürlich wieder die Verrechnung dabei anfallender Kosten bedeutet.

Der Verein ist gegenüber den Magistraten Bezieher und Verrechner von Wasser, Abwasser und damit verantwortlich für die Instandhaltung der Anlagen bzw. für den nach dem Eich- und Messgesetz vorgeschriebenen Wasserzählertausch, u. ä. Das gleiche gilt für eine vorhandene Beleuchtung oder elektrische Tor- und sonstiger Anlagen – auch hier ist der Verein für Instandhaltung und Verrechnung zuständig. Gerade, aber nicht nur, bei Wasser und Kanal ist der Verein Vertragspartner des Magistrats und damit rechtlich sogar persönlich in der Verantwortung.

Wenn sich einmal keine Funktionäre finden, wer sollte diese Aufgaben für Ihre Gemeinschaft leisten? Wenn Sie glauben, dass eine Hausverwaltung all dies übernehmen könnte, sollten Sie die Kosten mit auf der Rechnung haben. Ein Verein in Wien hat das versucht und bekam einen Kostenvoranschlag von 360 Euro pro Mitglied und Jahr exklusive jeder Sondertätigkeiten wie Besichtigung von Schäden, Einholung von Kostenvoranschlägen, Reparaturabnahmen vor Ort usw. Und dass jede Kleinigkeit dann von einer Firma mit der entsprechenden Wartezeit erledigt werden müsste, ist auch evident.

Ich will Ihnen jetzt nicht Ihre Funktionärinnen und Funktionäre als Heilige verkaufen, ich kenne ja einige recht gut, und weiß, dass da ab und an manchmal einer oder eine auch danebenliegt. Was ich Ihnen aber sehr wohl in’s neue Jahr 2023 mitgeben möchte, ist, dass Sie vielleicht einmal, anstatt über „den Verein“ zu lästern, auch ein wenig an die Arbeit und an die Verantwortung denken sollten, die diese Frauen und Männer unentgeltlich für Sie leisten – damit Sie meist in Ruhe Ihren Garten genießen können. Sollten Sie einmal ein Dankeschön übrig haben, dann teilen Sie dieses einfach einmal einem dieser für Sie ehrenamtlich tätigen Menschen mit,

meint Ihr Redakteur.

 

von Friedrich Hauk (Redakteur der Verbandszeitschrift "Kleingärtner")


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