Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist Mai, jener Monat, wo die Bäume ausschlagen sollten, dies aber wegen der sich immer mehr bemerkbar machenden Klimaänderung, schon im April getan haben. Nun ist es ja nicht so, dass das in früheren Zeiten nicht auch vorgekommen ist, nur eben nicht in dieser Regelmäßigkeit. Und nein, natürlich war früher nicht alles besser, schöner, geruhsamer und verlässlicher – aber gerade in der uns umgebenden Natur sehen alte Gärtnerinnen und Gärtner doch gravierende Probleme auf sich zukommen: zu warm, zu wenig Niederschlag, und wenn, dann zu viel.

Zum Glück ist es heute nur selten der Not, sondern meist der Neugier der Kinder und dem Vergnügen geschuldet, wenn im Garten Saaterdäpfel in der Erde versenkt, Zwiebeln gesteckt und Rüben gesät werden. Die Erdäpfel werden zwar noch mit Kompost bedeckt, aber eine Mulchschicht aus Pferde- oder Ziegenmist und Heu gibt es nicht mehr. Woher auch, und so fein war das Hantieren mit dem Mist auch wieder nicht – vom Geruch ganz zu schweigen. Aber damals tat man das ja auch nicht zum Vergnügen, da warteten im Herbst schon hungrige Mäuler auf reiche Ernte. Also mussten die Eltern und klarerweise auch die Kinder im Garten das Richtige tun.

Das bringt mich zur Frage, ob wir heute in unseren Gärten das Richtige tun. Wir leben ja ein gutes, aber nicht gerade stressfreies Leben und gärtnern zum Ausgleich, zur eigenen Zufriedenheit, und da stellt sich auch die Frage, sind wir bessere Menschen, nur weil wir pflanzen, säen und unseren Rasen pflegen? Oder sollten wir nicht schön langsam damit beginnen, auch in unsere Gärten zumindest ein Stück weit der Natur ihr Recht zu lassen. Der Fotograf und Autor Thomas Häntsch meinte einmal nicht zu Unrecht: „Der gestylte Garten kommt mir vor, wie eine Besserungsanstalt für die Natur.“

Interessanterweise sind es gerade jüngere Kleingärtnerinnen und -gärtner, die eine neue, fast philosophische Geisteshaltung im Umgang mit ihren Gärten pflegen. Sie sehen die Arbeit im Garten als Ausgleich zum oft digitalen Büro, ja fast als sportliche Tätigkeit, und das im Bewusstsein, dass Obst und Gemüse in Bioqualität im Supermarkt zwar meist billiger ist, der Eigenanbau aber mehr Spaß macht.

Die Antriebskraft dieser neuen Gärtnergeneration scheint groß zu sein. Es gibt durchaus wieder das sogenannte wilde Eck im Garten, es gibt wieder den einen oder anderen Obstbaum, selbst gezimmerte Hochbeete und heimische Wild- und Blütenhecken sind zu sehen. Ich will diese jungen Gärtnerinnen und Gärtner nicht als die alleinigen Retter des Klimas, der Diversität und was auch immer preisen, aber was in dieser Generation zu wachsen scheint, ist der Glaube an Gemeinschaft, Sinnhaftigkeit und Achtsamkeit. Gerade in der Zeit der uns alle treffenden und betreffenden Pandemie ist festzustellen: Unsere Gärten sind einmal mehr Sehnsuchtsorte, Paradiese, die es verdienen mit den genannten Attributen erfüllt zu werden,

meint Ihr Redakteur!


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