Liebe Leserinnen, liebe Leser,

„Trau keinem Gärtner, wenn in seinem Garten kein Unkraut wächst!“

Pflanzen bedecken viele Bereiche unseres Planeten. Sie überziehen die Kontinente mit einer Vielfalt an Grün, die uns nicht nur ernährt, sondern auch die Luft zum Atmen schenkt. Die Fähigkeit der Pflanzen, sich zu verbreiten und über die Jahrtausende auch an das Klima anzupassen, sorgt aber auch für Konflikte. Denn seit Menschen säen und pflanzen und dann ernten wollen, gibt es „Unkraut“. Über die Zeiten hinweg haben Bauern und Gärtnerinnen diese ungeliebte Vegetation in ihren Beeten und auf ihren Feldern händisch „bei der Wurzel gepackt“, bis 1942 das erste hochwirksame Unkrautvernichtungsmittel entwickelt wurde.

Aber das nur nebenbei, denn was ich Ihnen vermitteln möchte, ist, dass es mitunter gar nicht so einfach ist, „Unkraut“ zu erkennen. Ich hatte da in meinem Leben einige erzählenswerte Erlebnisse. Eines davon betraf meine Großmutter mütterlicherseits, eine liebevolle und hilfsbereite kleine Frau, die jedem alles rechtmachen und sich bei meinem Vater dafür dankbar erweisen wollte, weil sie zeitweise bei uns wohnen konnte. Als Stadtmensch nur das Straßengrün gewohnt, lebte sie bei uns richtig auf und fiel in einem unbeobachteten Moment jätend über den von meinem Vater mit Akribie bepflanzten Gemüsegarten her – was fatale Folgen hatte. Denn alles, was nicht als Salat erkennbar war, fiel ihrer Dankbarkeit zum Opfer und landete auf dem Komposthaufen und zerstörte damit auch tagelang die Gesprächsbasis mit meinem Vater.

Ein anderer Fall ist noch gar nicht so lange her und trug sich auf dem vom Zentralverband geschaffenen Ernteland ab. Diese Gemüseparzellen werden mit bis zu 40 Gemüsearten jährlich besät und bepflanzt, um, mit einem Pflanzplan versehen, an Interessenten vergeben zu werden. Und damit beginnt die Geschichte: „Auf dem Plan steht, hier sollen Karotten sein, aber da sind keine!“ Also nachgeschaut und tatsächlich, da sind keine Karotten, nicht einmal ein einsames Pflänzchen, während rundum die Karotten nur so sprießen. Der an sich netten jungen Dame wird das gezeigt, sie sieht sich das an und wird nervös. „Kein Grund zum Nervös sein, säen wir eben nach.“ Und plötzlich platzt es aus ihr heraus: „Ich wusste nicht, dass Karotten beim Keimen wie Gras aussehen, und habe sie entfernt.“

Ja, Ihr Lieben, auch so kann’s gehen. Aber, um auf den ersten Absatz zurückzukommen, eigentlich macht erst der Standort ein Wildkraut zum Unkraut. Denn viele von uns als „Unkräuter“ bezeichnete Wildkräuter sind sogar nützlich. Natürlich ist es lästig, dass viele „Unkräuter“ ohne Gegenmaßnahmen alles andere aus dem Weg räumen, den Nachbarpflanzen Wasser und Nährstoffe vor der Nase wegschnappen und womöglich noch Krankheiten weitergeben. Aber unsere Gärten sind ja eigentlich ein Kunstprodukt, die meisten Pflanzen würden da nur selten auf natürlichem Wege wachsen und haben meist keine Ellenbogenmentalität. Ohne unsere Eingriffe sind Kulturpflanzen „Unkräutern“ hoffnungslos unterlegen – also ja, liebe Gärtnerinnen und Gärtner, Jäten ist gut, Gifteln eher nicht. Und ob die eine oder andere Gartenmelde aufwächst, ist erst dann ärgerlich, wenn sie im nächsten Jahr fröhliche Urständ‘ feiert,

meint Ihr Redakteur


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