In der Vergangenheit haben ich bei so manchen Treffen der Wiener Orchideengesellschaft die gesunden und reichlich blühenden Orchideen von Hrn. Reiterer bewundern können, die er in Styropor kultiviert. Bei der Suche nach weiteren Informationen zu dieser Kulturvariante bin ich auf das Buch "Orchideenkultur im Haus" [1] und "The world of orchids: A practical guide to cultivating orchids in soilless culture" [2] gestoßen. Beide Bücher beschäftigen sich mit der Thematik und erklären den Unterschied zur klassischen Kultur in Rindensubstratmischungen.

Ich habe die beschriebene Methode an einigen Hybriden der Gattung Phalaenopsis in unserer Zimmerkultur erfolgreich getestet. Die Pflanzen wachsen so besser, und für Urlaubsgießvertretungen wird kein "grüner Daumen" mehr benötig. Auf Abbildung 1 ist eine junge Phalaenopsis im Styropor zu sehen.

Abbildung 1: Eine junge Phalaenopsis im Styropor
Wie funktioniert die Kultur im Styropor?

Auf den ersten Blick fällt einem sofort die offene Struktur des Styroporsubstrats auf. Es ist sehr luftdurchlässig und verdichtet sich mit der Zeit nicht. Dieser Vorteil gegenüber einer üblichen Rindensubstratmischung kommt den Pflanzen zugute. Da Styropor keine Nährstoffe enthält, muss man selbst für die "Nahrungsversorgung" der Pflanze sorgen. Dafür sollte man ungefähr einmal pro Woche die Töpfe mit frischem, zimmerwarmem Wasser durchspülen, wodurch aufgenommene Nährstoffe und abgestorbene Materialien abgewaschen werden. Zudem ist es notwendig, die Orchideen nach diesem Vorgang mit handelsüblichen Orchideendünger (nach Angaben des Produzenten) zu gießen.

Wie man auf Abbildung 2 sehen kann, wachsen die Wurzeln auf direktem Weg in Richtung Wasser und bilden darin ein dichtes Geflecht. Den Wurzeln, die von sich aus ins Wasser gewachsen sind, stört das permanente Bad nicht, ganz im Gegenteil, sie ermöglichen der Pflanzen jederzeit die nötige Menge an Wasser aufzunehmen. Mit diesem dauerhaften Wasserzugang sind die Pflanzen in der Lage besser Stresssituationen zu überstehen. Nach einem Urlaub sehen die Pflanzen im Styropor bei uns immer deutlich frischer aus als die klassisch kultivierten Pflanzen!

Abbildung 2: Die Wurzeln wachsen auf direktem Weg in Richtung Wasser
So stellt man eine Pflanze auf die Kultur in Styropor um

Man nimmt die Pflanze aus ihrem Topf und entfernt das alte Substrat und abgestorbene Pflanzenteile. Die freigelegten Wurzeln wäscht man mit zimmerwarmem Leitungswasser ab und stellt die Pflanze in einen sauberen Topf. Transparente Töpfe können vorteilhaft sein, da man damit das Wurzelwachstum leichter beobachten und kontrollieren kann. Bei der Verwendung eines solchen Topfes, sollte man sich zusätzlich einen zweiten, nicht transparenten Topf suchen, der gerade einmal so groß ist, dass der erste noch hineinpasst. Diese "Topf in Topf" Methode verhindert ein übermäßiges Algenwachstum. Den Topf befüllt man mit Styroporstücken, die eine Größe von etwa einem Zentimeter Durchmesser haben. Bei Jungpflanzen können die Styroporstück auch kleiner ausfallen. Danach kommt die Orchideen in einen Untersetzer, den man mit mindestens 2cm Wasser füllen sollte. Es ist wichtig dieses Wasserniveau so gut wie möglich zu halten.

 

Solange die Wurzeln das Wasser noch nicht erreicht haben, muss das Styropor täglich von Oben befeuchtet werden. Dies kann entfallen, sobald die Wurzeln im Wasser des Untersetzers angelangt sind. Von da an erleichtert sich die Kultur. Einmal pro Woche wird der Untersetzer gereinigt und das Wasser darin gewechselt. Die Töpfe spült man mit reichlich zimmerwarmem Leitungswasser durch, und gießt diese im Anschluss darauf mit der vorbereiteten Düngerlösung.

Abbildung 3: Phal. bastianii Hybride

Motiviert durch die guten Ergebnisse, die man auch auf Bild 3 an einer Phal. bastianii Hybride sehen kann, haben wir junge Phalaenopsishybriden direkt aus deren in vitro Gläsern entnommen und in Styropor akklimatisiert. Dabei sind keine Probleme aufgetreten. Die Pflanzen wachsen zügig und blühen regelmäßig.

 

Ich hoffe mit diesem Artikel ein wenig die Neugier an diesen Experimenten bei Ihnen geweckt zu haben und wünsche Ihnen viel Spaß beim Ausprobieren.

 

Thomas Ederer,

www.orchideenvermehrung.at

 

Wiener Orchideengesellschaft (WOG)

Die Wiener Orchideengesellschaft stellt die Förderung der Kultur, Züchtung und Vermehrung von Orchideen in den Fokus der Vereinsaktivitäten. Dabei ist es uns wichtig, unsere Vereinsmitglieder durch umfassendes Know How und persönlichen Kontakt zu unterstützen.

https://orchideen-wien.at/

 

Orchideenmarkt 2023

22.2. bis 26.2. 2023,
Blumengärten Hirschsteten

https://www.orchideenausstellung-wien.at/

Quellenverweis
[1] Gerhard Bomba, "Orchideenkultur im Haus", ISBN: 3-8001-6680-1
[2]

Jack Ross, "The world of orchids: A practical guide to cultivating orchids in soilless culture",
ISBN: 0-9586735-6-X


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