Wunden an den Obstgehölzen entstehen hauptsächlich durch Schnitt- und Sägearbeiten sowie durch Windbruch. Aber auch bei Überbehang mit Früchten brechen immer wieder Äste ab. 

Wundversorgung oder Selbstheilung?

Während beim Schnitt mit der Schere nur kleine Wunden entstehen, die rasch verheilen, ist bei Sägearbeiten mit größeren Wunden zu rechnen. Diese offenen Stellen benötigen einige Jahre bis sie geschlossen sind. In dieser Zeit besteht die Gefahr, dass Pilzsporen oder tierische Schädlinge in die Holzkörper eindringen. Brechen Äste ab, entstehen größere Wunden und zusätzlich auch noch die so genannten Fahnenrisse, bei denen Rindenteile heruntergerissen werden. Erst nachdem diese Wunden mit Schere und Säge behandelt wurden, kann man mit einer Wundversorgung beginnen. 

Ob überhaupt Wunden behandelt werden sollten, wird oft infrage gestellt. Es wird immer wieder behauptet, dass ein gesunder, triebkräftiger Obstbaum auch ohne Wundversorgung die Wunden problemlos schließen kann. Es kommt aber darauf an, wie groß diese Schnittwunden sind und auf welcher Obstart sie entstanden sind. Selbstverständlich spielt die Wuchskraft eine entscheidende Rolle. Obstbäume, die nur mehr schwache Wuchskraft zeigen, benötigen einen längeren Zeitraum bis sie die Wunden geschlossen haben, als die stark wachsenden. 

Vor allem Marillen-, Pfirsich- und Nektarinenbäume sind unter unseren klimatischen Bedingungen gefährdet. Bei diesen Obstarten sollten alle Wunden nach ihrer Entstehung verstrichen werden. Beim Kernobst können kleinere Schnittwunden, die während der Vegetation entstehen, bei der Wundbehandlung vernachlässigt werden. Nach Abschluss der Schnitt- und Sägearbeiten, die vor Beginn und während des Winters durchgeführt werden, sind die Wunden unbedingt mit Baumwachs oder einem synthetischen Präparat (z. B. Lac Balsam oder Kambisan) zu verstreichen, da sie Regen, Schnee, und Kälte ausgesetzt sind. Wird darauf vergessen, können Pilze und tierische Schädlinge ihr Zerstörungswerk beginnen. 

Wundebehandlung nach Säge- und Schnittarbeiten

Eine komplette Wundbehandlung bei Sägearbeiten umfasst zuerst das Glattschneiden der Wundränder mit einem scharfen Messer. Geeignet dafür sind die so genannten Hippen, die eine kräftige, kurze und gebogene Klinge haben. Aber auch Stanleymesser eignen sich dafür. Es müssen vor allem die beim Sägen entstandenen, ausgefransten Wundränder glatt geschnitten werden, weil von den Rändern ausgehend das Schließen der Wunden erfolgt. Mit dem Auftragen von Baumwachs oder einem synthetischen Wundverschlussmittel sind dann die Wundbehandlungen abgeschlossen. Wichtig ist, dass das verwendete Produkt säurefrei ist, damit es nicht zu Verätzungen des Kambiums (teilungsfähiges Gewebe) kommt. Mit Baumteeren, die nicht säurefrei sind, dürfen bei größeren Wunden nur die Holzkörper verstrichen werden. Die Versorgung sollte unbedingt nach Beendigung der Schnitt- und Sägearbeiten erfolgen. Eine Ausnahme stellen die Walnussbäume dar. Werden diese im ausgehenden Winter geschnitten, „bluten“ die Wunden. Hier wird erst ein oder zwei Tage später das Wundverschlussmittel aufgetragen. Um einen optimalen Schutz der Wunden zu gewährleisten, bis sie überwallt sind, ist die Wirksamkeit des verwendeten Präparates schon nach einigen Monaten zu kontrollieren und notfalls immer wieder zu erneuern. Synthetische Präparate, die wie eine Haut die Wunden verschließen, lösen sich mit Beginn der Überwallungen von den Holzkörpern und es entstehen darunter Hohlräume. In diesen Fällen müssen die nicht mehr genügend Schutz bietenden Wundverschlussmittel entfernt und neue aufgebracht werden. Diese Arbeiten sind unbedingt nach Beendigung der Vegetationszeit durchzuführen, damit weder Feuchtigkeit noch Pilzsporen oder tierische Schädlinge die Holzkörper schädigen können. Bei Wunden, die mit Baumwachs behandelt wurden, treten nach einigen Monaten Risse in der Wachsschicht auf. Auch hier ist eine nochmalige Behandlung notwendig.

Mechanische Verletzungen und tierische Schäden 

Neben Schnitt- und Sägewunden können durch Rasenmäher oder -trimmer mechanische Verletzungen an den Stämmen entstehen. Aber auch Mäuse, die im Mähgut überwintern mit dem man während der Vegetation die Baumscheiben abgedeckt hatte, können vor allem bei jungen Obstbaumstämmen Schäden verursachen. 

Derartige Schäden sind bei vorsichtiger Arbeitsweise und rechtzeitiger Säuberung der Stämme im Bereich der Böden leichter zu vermeiden als Frostrisse und -platten. Frostrisse, die schon Ende Jänner durch starke Sonneneinstrahlung an den Obstbaumstämmen auftreten, können bei laufenden Kontrollen im ausgehenden Winter rechtzeitig bemerkt werden. Die Risse entstehen durch zu intensive Sonneneinstrahlung vor allem an der Südseite der Obstbaumstämme, bei Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Durch die entstehenden Spannungen im Holz lösen sich die Rinden von den Holzkörpern. Um das Loslösen zu verhindern müssen feste Verbände um die Obstbaumstämme angelegt werden, um so wieder das Verwachsen zu ermöglichen. Die Verbände dürfen erst dann entfernt werden, wenn sich in den mit Wundverschlussmitteln versorgten Rissen der Wundkallus gebildet hat. Frostplatten an Stämmen und stärkeren Ästen sind schwieriger festzustellen. Sie entstehen, wenn die Temperaturen zu rasch und zu tief in der Nacht absinken. Es kommt dadurch zu Schädigungen im Kambialbereich. Werden die Rinden angeschnitten, können derartige Schäden bald erkannt und durch sorgfältiges Ausschneiden der abgestorbenen Rindenteile bis in das gesunde Gewebe behandelt werden. Bei älteren Obstbäumen mit borkigen Rinden bemerkt man die Schäden oft erst zwei bis drei Jahre später. Pilzsporen und tierische Schädlinge haben sich dann schon unter den abgestorbenen Rindenpartien angesiedelt. Sind sie einmal in die Holzkörper eingedrungen, dauert es nur mehr einige Jahre, bis diese zerstört sind und die Obstbäume gerodet werden müssen. Das Kalken der Obstbaumstämme hilft die Bildung von Frostrissen und -platten zu verhindern. Durch den weißen Anstrich wird die Rinde weniger stark erwärmt. Noch vor dem Jänner sind die Obstbäume aber mit diesem Kalkanstrich zu behandeln, da es schon mit Beginn des neuen Jahres durch die bereits intensivere Sonneneinstrahlung zu einer Erwärmung der Rinden und zu einem unerwünschten Saftanstieg gekommen sein kann. 

 

Daher ist die Wundversorgung ein wichtiger Teil des vorbeugenden Pflanzenschutzes. Je genauer Schnitt- und Sägewunden versorgt, Frostrisse und -platten frühzeitig erkannt und behandelt werden, desto länger bleiben die Obstgehölze den Kleingärtnern erhalten.

 

Text von Dipl. Ing. Peter Modl


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