Ihr Redakteur stammt noch aus einer Zeit, wo es Hausmittel für und gegen so ziemlich alles gab was einem Menschen passieren konnte. Bei der jüngst ereilten Heiserkeit samt heftigem Husten – der auch dem Noch-immer-Inhalieren des „blauen Dunstes“ geschuldet ist – fiel mir so ein Hausmittel meiner Großmutter wieder ein: der Fichtenwipferlsaft, auch Maiwipferlhonig genannt.

Sie haben vielleicht schon davon gehört: Fichten- oder auch Tannenwipferln sind die im Mai erscheinenden frischen Triebe bei den eben Genannten. Und die wurden in meiner Kindheit gepflückt, gewaschen, abgetrocknet und dann in einem 5-Liter-Gurkenglas mit jeder Menge Zucker eingelegt – meiner Erinnerung nach abwechselnd in etwa 3-Zentmeter-Schichten. Wichtig dabei war, dass die Wipferln noch sehr „jung“ gepflückt wurden, was daran zu erkennen war, dass sie erstens noch weiche Nadeln hatten und, zweitens, am Wipferlende noch wie eingerollt aussahen.

Verschlossen wurde das Glas lose mit einer Alufolie (die gab’s damals schon), die offensichtlich den Zweck erfüllte Fliegen und sonstiges Ungeziefer fernzuhalten. Und dann kam das Glas zwischen das südseitige Küchenfenster, ja zwischen, denn damals gab es noch vierflügelige Fenster mit Zwischenraum (der wurde im Winter mit einem sogenannten Fensterpolster versehen, der die Zugluft minimieren und die Wärme im Raum halten sollte).

Und dann hieß es den Sommer abzuwarten, denn der Zucker wurde in der Sonne nicht nur flüssig, sondern vermischte sich im Lauf der Monate mit den Wipferln, bis die sich sogar teilweise komplett auflösten und zu einer Art Honig wurden. Und irgendwann im September war es so weit: durch ein „Seicherl“ wurden noch vorhandene Teile der Triebe abgeseiht, der dickflüssige Saft wurde in kleineren Gläsern portioniert und war zur Verwendung bei aufkommenden Verkühlungen, Husten und Heiserkeit bereit.

Das heilende Löffelchen Süßigkeit war aber nicht einfach zu erhaschen, schließlich gab’s das nur bei echtem Husten. Schmähhüsteln und eine raue Stimme vortäuschen wurde elternseits fast immer erkannt, was manchmal eine zumindest seelisch schmerzende Tachtel denn heilenden „Fichtenhonig“ brachte. Heute werden sich junge Leute fragen, warum wir Kinder so erpicht auf diesen honigähnlichen Saft waren? Ganz einfach: Süßigkeiten waren nicht so einfach jederzeit leistbar, die damals bei Kindern beliebte kleine blaue Bensdorp-Schokolade war eine eher seltene Belohnung, und nur besonderen Anlässen vorbehalten.

Bei Gesprächen habe ich festgestellt, dass alte Kleingärtnerinnen sich auch heute noch die Arbeit antun und für die Enkerln diese Medizin herstellen – und diese sind angeblich durchaus davon angetan. Im Internet habe ich übrigens offensichtlich modernere Versionen der Herstellung gefunden,

das kann Ihnen Ihr Redakteur berichten. Auch gut!


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