Ich hatte das Glück, in zwei Gärten aufzuwachsen, im Garten meiner Großeltern väterlicherseits in den Ferien und natürlich im Garten meiner Eltern – zwei unterschiedliche Modelle, die aber eines gemeinsam hatten, sie waren auf Nahrungsproduktion ausgerichtet. Der für mich riesige Garten von Oma und Opa war mit einem Stall für Hühner, Gänse, Truthähne, ja sogar Ziegen und einem Schwein etwa zur Hälfte der Fleischproduktion vorbehalten – mein Großvater war ja Fleischhauer –, der andere Teil diente dem Gemüse, versüßt mit Trauben und zwei, drei Obstbäumen. Und er war mit einem kleinen „Wald“ aus Fliederbüschen ein Paradies meiner Ferienzeit. Der Garten daheim war dem Obst gewidmet, zu einem kleinen Teil dem Gemüse und, zeitweise, zu einem winzigen Teil einigen Hühnern vorbehalten.
Natürlich war seinerzeit nicht alles besser, doch so manches war schonender für die Umwelt und vor allem billiger, man brauchte sich, zum Beispiel beim Unkraut, nur zu bücken und… war Unkrautvernichter, denn Chemie kam in beiden Gärten nicht zum Einsatz. Die gab es damals auch kaum, und daher wurde Unkraut mühsam aber erfolgreich händisch vernichtet.
Pflanzenschutzmittel gegen Schädlinge gab es dazumal auch nicht zu kaufen, man half sich selbst. Jauchen aus Brennnesseln oder Schachtelhalm wurden eingesetzt, um Pflanzen vor Schädlingen zu schützen. Eine Mischung aus 100 g Salz und 5 Litern Wasser (oder verdünnter Frischmilch) halfen laut meiner Großmutter etwa gegen Mehltau. Und ein Nachbar hatte sogar seine Glimmstängelreste in einem Kübel mit Wasser zu einem Sud angesetzt, der als Spritzmittel diente. Mein Großvater, dem Rauchen abhold, lehnte diese Methode allerdings als „zu giftig“ ab.
Das Saatgut gewannen Oma und Opa meistens selbst, was auch unserem Gemüsegärtchen zugutekam. Die Erdäpfel zum Beispiel wurden gut eine Woche vor dem Ausbringen kräftig nass gemacht, so bildeten sie schon feine Wurzeln, die das Anwachsen erleichterten, Es kam auch vor, dass sie teilweise auf ihre „Augen“ zerstückelt wurden, da brauchte man nicht die ganze Knolle „verschwenden“, wie mein Opa immer meinte.
Die heute oft propagierten Mischkulturen waren früher im Beet normal, es war wichtig, über Mischkulturen und die richtige Fruchtfolge im Beet Bescheid zu wissen. Schließlich diente der eigene Garten auch in dieser Zeit noch als nicht zu unterschätzendes „Zubrot“, man war Selbstversorger und so war es gut zu wissen, welche Gemüsesorten nicht miteinander im Beet stehen wollen.
Meine Großmutter hat sich gerne nach dem Bauernkalender und seinen Sprüchen orientiert, der „fußt auf jahrhundertelanger Naturbeobachtung“. Mein Großvater tat das als „religiösen Firlefanz“ ab – obwohl er durchaus auch den einen oder anderen Hinweis selbst an- und verwendete.
Der „Saatstreuer“ für Samen, um diese gleichmäßig auf dem Beet zu verteilen, wurde selbst gebastelt. Um zu dichtes Säen zu vermeiden, hat Opa in den Boden von Konservendosen in gleichmäßigen Abständen Löcher gestoßen. Bei ganz feinen Samen hat sich meine Großmutter sogar den Salzstreuer zum Säen aus der Küche geholt.
Die Buschbohnen, kann ich mich erinnern, wurden nach der Ernte bis ins Frühjahr auf dem Beet stehen gelassen. „Darüber freuen sich im Frühjahr die Salatpflänzchen“, erklärte meine Oma dazu. Grund dafür war, wie ich heute weiß, dass die Bohnen an ihren Wurzeln Knollenbakterien bilden, die Stickstoff an den Boden abgeben.
Mit seinem großen Appetit auf Blattläuse ist der Marienkäfer ein wichtiger Helfer im Garten – das wussten schon Oma und Opa. Großmutter sah ihn, augenzwinkernd, als „Bote der Jungfrau Maria“, der die Menschen „vor Hexen und Unheil bewahrt“. „Firlefanz“, wie mein Großvater meinte, „aber nützlich ist er schon“.
Es war für mich eine „gute alte Zeit“, aber durchaus auch eine mühsame und karge Zeit in den Gärten der frühen fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Aber einiges davon könnten wir uns doch abschauen und, vielleicht modernisiert, anwenden,
meint Ihr Redakteur!