Liebe Leserin, lieber Leser,

In meiner letzte Gartengeschichte „Gedanken zum Jahreswechsel“ wurde die Bedeutung der Funktionärinnen und Funktionäre für die Gemeinschaft eines Kleingartenvereins in den Focus gestellt. Kutz danach erreichte mich eine lebensnahe Erzählung von einem dieser „robusten“ Obmänner. In seiner Bescheidenheit möchte er zwar nicht namentlich erwähnt werden, dennoch möchte ich seine Zeilen sehr gerne mit der Gartenfamilie teilen.

 

Ein Sonntag im Kleingartenverein

Es ist Sonntag im Februar, zufällig, nicht absichtlich, bin ich um 6.40 Uhr wach geworden. Ich, Obmann eines Kleingartenvereins im 14. Bezirk in Wien, starte routinemäßig mein Handy und rufe mir von unserer Vereins-Emailadresse die Daten unseres Hauptwasserzählers ab, die jeden Tag, im Winter um 6, im Sommer um 7 Uhr, von diesem an uns gesendet werden. Hier sehe ich den Verbrauch der letzten 11 Stunden. Ein kurzer Blick, denke ich, und dann weiter, aber halt. Bei genauerem Hinsehen stehen bis 23 Uhr 6 m³ Wasser kontinuierlich, von 0 bis 6 Uhr, aber 6.000 Liter, da gibt’s ein Problem.

Also auf, schnelles waschen. Kein Kaffee, kein Frühstück, ab ins nahe Vereinshaus, und um 7.05 Uhr mit dem Laptop und dem Reciever auf die Suche nach dem Gebrechen. Zuerst zum Hauptwasserzähler, der noch immer einen enormen Verbrauch zeigt. Weiter zu Fuß, nicht schneller als 5 km/h und ständig ein Ping im Laptop, der anzeigt, dass ein Wasserzähler - verschlüsselt die Daten via Reciever an den Vereinslaptop sendet - und keinen Alarm anzeigt. Nach ca. 35 Minuten bei 3 Grad, aber warm eingepackt, höre ich schon ein Rauschen auf einer Parzelle. Schnellen Schrittes dorthin

Eine Wassersäule, ca. 1,5 – 2 m hoch, schießt hörbar aus dem Boden. Na ja, an einem Sonntag um 7.40 Uhr ist leider niemand unterwegs. Also wieder schnell zurück ins Vereinshaus, Absperrschlüssel holen und den Wasserstrang für 11 Parzellen – ganzjährig bewohnbar – abdrehen. Kein Schlüssel für die Parzelle, bei der das Gebrechen ist, im Schlüsselsafe des Vereinshauses. Also wird die Stellvertreterin, die das Vereinshandy hat, geweckt und ersucht, das Mitglied zu erreichen.

Nur ein Kleingärtner, der auch zeitig aufsteht, ruft zwischenzeitig am Vereinshandy an. Ja, leider ein Wassergebrechen, wir arbeiten daran. Also, im Moment kein Frühstückskaffee. Die Stellvertreterin erreicht das Mitglied und dieser erklärt, er wird sofort kommen. Um 8.05 Uhr begrüße ich das Mitglied samt Gattin vor ihrer Parzelle. Ein Teil der Gartenbewässerung ist aufgefroren und gebrochen. Der Schacht wird ausgepumpt. Das Wasser im Schacht abgestellt. Sie haben leider vergessen, da der Mann krank wurde, die Absperrroutine im Herbst durchzuführen. Ein nettes Gespräch mit dem Hinweis, man möge doch einen Gartentorschlüssel im Verein abgeben, dieser wird im Schlüsselsafe des Vereins verwahrt und wir hätten Zutritt zum Wasserschacht, wenn Sie z. B. in Urlaub wären, was sie auch die Woche davor waren.

Was wäre dann gewesen: Feuerwehr, Schlüsseldienst – Gefahr im Verzug - andere hätten stundenlang kein Wasser. Auf alle Fälle Kosten, die unnötig sind. So gibt’s noch eine Erklärung, dass auch bei einer Zentralschließanlage ein Gärtnerschlüssel, der nur das Gartentor sperrt vom Schlosser angefertigt werden kann. Niemand von uns Funktionären geht gerne in einen anderen Garten und wenn es doch erforderlich ist, dann nur um zu helfen. Dann die Verabschiedung von allen Beteiligten, zurück zum Absperrventil, wieder aufdrehen, um 8.40 Uhr haben alle wieder Wasser.

Zurück zum Vereinshaus, um alles wieder wegzuräumen.  Und um 9.15 Uhr wieder daheim, fast keiner hat gemerkt, dass einige von uns am Sonntagmorgen kein Wasser hatten. Kaffee, Frühstück, Zeitung lesen. Gut, dass wir seit 2017 Funkwasserzähler sowohl in den Parzellen und seit 2021 auch beim Hauptwasserzähler haben, sonst wäre das Gebrechen erst Stunden später, wenn ein aufmerksamer Passant angerufen hätte, bemerkt worden.

Ein Sonntag, Gott sei Dank, nur selten, im Leben eines, wie unser Vizepräsident schreibt, robusten Obmanns.

 

Obmann eines Kleingartenvereins im 14. Bezirk in Wien


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