Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Öfters wurde die Coronakrise mit den Einschränkungen der Nachkriegszeit verglichen. Das war und ist ein großer Schmarrn: Die Einschränkungen bezogen sich für uns, schlimm genug, auf soziale Kontakte und Beschränkungen beim Urlaub. Ansonsten gab es mit Ausnahme des Klopapiers immer und jederzeit alles zu kaufen was das Herz begehrte und das Überleben sicherte. Natürlich war nach dem Krieg das Wissen, wie man aus wenig viel macht in der Garten- und Hauswirtschaft wesentlich größer. Wer damals einen Garten hatte, war Selbstversorgung gewohnt und wusste, wie man Marmelade macht oder Früchte einlegt. Ich erinnere mich, dass meine Großmutter sogar Germ (Hefe) selber machte und immer vorrätig hatte.

Das war dann bis in die späteren 1950er Jahre so, Sauerkraut kaufte man nicht vakuumverpackt oder in Dosen, sondern es befand sich in einem größeren Fass beim Greissler oder im Konsum, aus dem die Verkäuferin die benötigte Menge herausholte, abwog und in ein mitgebrachtes Gefäß füllte.

Ähnlich war es mit der Milch, im Geschäft gab es Schöpfer mit einem, einem halben oder sogar einem Viertelliter-Volumen, und je nach Bedarf wurde die Milch in die mitgebrachte Kanne gefüllt. Haltbare Milch, wie heute üblich, kannte man damals noch nicht, und so kaufte man, vor allem im Sommer, nur die gerade benötigte Menge, denn Kühlschränke waren erst gegen Ende der fünfziger Jahre in fast jedem Haushalt üblich.

Die heutige Vielfalt der Lebensmittel gab es jedoch noch lange nicht. Butterbrote waren in den Schulpausen üblich und Fleisch gab es meist nur an Sonn- und Feiertagen. Einfache Mahlzeiten wie Palatschinken, Spinat mit Erdäpfeln und Spiegelei und je nach Jahreszeit Marillen- oder Zwetschkenknödel standen auf dem Speiseplan. Obst und Gemüse gab es natürlich aus dem eigenen Garten. Im Keller standen Regale voller Einmachgläser mit Erdbeeren, Kirschen, Marillen, Birnen, Zwetschken und Apfelkompott sowie ab Herbst Äpfel und Birnen auf Holzwolle, die zum Reifen dann Stück für Stück in die Küche geholt wurden.

Hollywoodschaukeln übrigens, waren in den 50er Jahren der Renner, wer geschickt war und die Möglichkeit hatte, schweißte sich aus Rohren selbst so ein Ding, es waren die abenteuerlichsten Gestelle zu sehen. Und auch erste „Gartenteiche“ tauchten Ende der 50er Jahre auf, meist nierenförmig, höchstens anderthalb Quadratmeter klein und, weil aus Beton gefertigt, nicht immer wasserdicht.

Wasserdicht war allerdings die Zinkbadewanne, eine Wanne zum Sitzen, ohne Wasserein- und -auslauf. Mühselig wurde sie mit vielen Töpfen heißen Wassers gefüllt, das vorher am Ofen erwärmt wurde. Es nahm lange Zeit in Anspruch, bis endlich die Wanne gefüllt und durch Mischen mit kaltem Wasser die Badetemperatur erreicht war. Nach dem kurzen Badevergnügen ging’s dann ans mühselige Ausschöpfen.

Ja, so war’s, sicher beträchtlich mühsamer als selbst in heutigen Coronazeiten, was aber, weil es ja jeden betraf, niemanden sonderlich aufregte. Lediglich erstaunt war man doch, wenn man sich einen der amerikanischen Filme ansah und was man sich vielleicht einmal erhoffen durfte.

Und zum Schluss vielleicht noch einen kleinen Aufreger?
Ich habe letztens wieder einmal eine der, Gott sei Dank seltenen, Beschwerden bezüglich des Nicht-Genderns in unserer Zeitung bekommen. Nun ist ja Ihr Redakteur schon immer ein höflicher Mensch gewesen, hat seit jeher beide Geschlechter in der Anrede genannt. Ich finde die besternten Wortfragmente und auch die permanente Nennung beider Geschlechter sowie die akustischen Wortlücken beim _innen_Sprechen penetrant und verstörend. Kann sein, dass „geschlechtersensibles“ Sprechen und Schreiben gerechter wäre, wie die moralisierenden Anhänger gerne erklären. Aber in einer Zeitung, die sich dem Thema Garten widmet, fände ich Kreationen wie Maulwurf_in genauso unangebracht, als wenn ich statt „alle Kleingärtner“, nur um keinen Genderfehler zu machen, „alle Gartenleute“ schreiben müsste, weil ja auf so einer Zeitungsseite nicht unendlich Platz ist, um alle männlichen, weiblichen und sonstigen Zwischenformen unterzubringen – und dies auch noch lesbar zu halten,

meint Ihr Redakteur.


Das könnte Sie auch interessieren