Liebe Leserin, lieber Leser,

ich will Ihnen hier eine kleine Sommergeschichte erzählen, bei der ich durchaus mit den Worten „Es war einmal…“ beginnen könnte. Es war in meiner Kindheit, als viele Donauarme am Rande von Wien noch die Lobau und vor allem die seinerzeit noch dörflichen Vororte nahe Stadlau und Aspern bis weit hinter Essling berührten. Und es war Ferienbeginn, als mein Vater eines Tages einen Schlupf Entenküken nach Hause brachte, die ich zweimal täglich zu einem dieser längst abgeschnittenen teichähnlichen „Restwasser“ führen musste, dass unweit unseres Gartens noch existierte.

Ich war natürlich nicht begeistert von diesem Auftrag, erstens spielten einige meiner Freunde während meiner „Hütezeit“ Fußball, und, zweitens, wusste ich, dass die noch possierlichen Küken dereinst als Braten enden würden. Aber, wie es damals so war, Auftrag war Auftrag, da konnte man sich nicht widersetzen.

Also ging es mit den Enten zum Teich, was an den ersten Tagen schwierig war, bis sie begriffen, dass sie mir folgen sollten, schließlich war es nur eine Strecke von knapp hundert Metern entlang eines Feldwegs, den wir zum Wasser hatten. Sie hatten mich zwar blitzartig  als Ersatz„mutter“ adoptiert und stolperten und kugelten rasch hinter mir her, allerdings war ich insofern überfordert, als ich ihnen nicht nur das Wasser „schmackhaft“ machen musste sondern ihnen auch zeigen musste, wie das Fressen von Wasserpflanzen vor sich zu gehen hat – und außerdem war ihnen der Uferrand zu steil, was dazu führte, dass ein knapp Zwölfjähriger zwar bis zu den Knöcheln im Schlamm und bis zum Bauch im Wasser stand, die gelben Federbälle aber aufgeregt quietschend und schnatternd am Ufer um Hilfe bettelten. Also Stück für Stück ins Wasser gehoben, nur um zu bemerken, dass sie nicht wussten, was zu tun war. Es war zwar erniedrigend und kratzte an meinem Bubenstolz, aber ich brachte entenähnliche Geräusche hervor und „schnatterte“ mit der Hand im Wasser – immer hoffend, dass nicht zufällig einer meiner Freunde auftauchte. Und siehe da, es funktionierte nach kurzer Zeit prächtig. Nicht nur, dass ich eine genehme Ein- und Ausstiegsstelle fand, brauchte ich sie bald im Wasser nicht mehr beaufsichtigen, sie waren beruhigt, wenn ich, am Ufer liegend, meine offensichtlich perfektionierten Entengeräusche von mir gab.

In dieser Zeit habe ich übrigens, im Gras liegend und die ziehenden Wolken betrachtend, auch das Pfeifen auf einem Grashalm so richtig gelernt. Für alle, die das nicht können und es ihren Enkeln zeigen und erklären wollen: Nehmen Sie ein langes breites Blatt eines Grashalms und legen es der Länge nach zwischen die beiden aneinander gelegten Daumen. Nun legt man die Lippen an die Daumen, an die Stelle wo die beiden Daumen sich nicht berühren und das Blatt in der Mitte zu sehen ist und bläst einfach so stark wie möglich, bis ein Ton erklingt. Mit ein bischen Training kann man hellere und tiefere Töne produzieren und ab und an gelingt auch eine kurze Melodie – wenn man einen „langen Atem“ hat.

Die Enten landeten übrigens später nicht in unserem Ofen, sondern auf dem kleinen Hof meines Großvaters, wo sie aber Monate später doch das ihnen zugedachte knusprige Ende fanden.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer, meint Ihr Redakteur!


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