Früher, in meiner Jugend, war es „Brauch“, dass den Müttern zum Muttertag, nebst diverser Basteleien, frisch gepflückter Flieder präsentiert wurde – der meist von wilden Büschen in der Au oder einfach beim Nachbarn „gepflückt“ wurde. Das ist heutzutage für Kinder und Enkelkinder kaum mehr möglich, denn erstens sind die Nachbarn in vielen Fällen nicht mehr nachsichtig genug, und, zweitens: der Flieder blühte heuer bei uns schon Mitte April.

Der Flieder (Syringa) hat eine seltsame Namensgeschichte, denn der Pflanzenname geht zurück auf das niederdeutsche „vleder“ und bezeichnete zunächst den Holunder. Erst nach Einführung der Syringa vulgaris nach Mitteleuropa im 16. Jhdt. wird die Bezeichnung Flieder auf diese übertragen; noch heute werden manche Holunderarten in Norddeutschland als Flieder bezeichnet.

Übrigens wird im bekannten Schlager „Es blüht der weiße Holunder“, der vor allem durch Lolita bekannt wurde, durchaus der Hollerbusch gemeint, auch wenn in vielen Gebieten damit der „weiße Flieder“ verstanden wird.

Flieder aus Konstantinopel

Er kam in der Zeit zwischen den Türkenbelagerungen Wiens (1529 und 1683) nach Mitteleuropa. Damals umfasste das osmanische Reich einen Großteil des heutigen Ungarn, der Slowakei und Kroatiens, sowie Serbien, Bulgarien und Rumänien. Der Gemeine Flieder wurde 1560 vom Gesandten von Kaiser Ferdinand I., Ogier Ghislain de Busbecq, der auch ein begeisterter Botaniker war, nach Wien gebracht – zusammen mit den ersten Hyazinthen und Tulpen, die wenige Jahre später in Holland und Europa zur „Tulipomanie“ führte. Der in dieser Zeit verbreitete Flieder bekam einen osmanischen Namen. Bei zwei Sprachpaaren, nämlich dem Slowenisch und Kroatischen sowie dem Slowakisch und Tschechischen, wird das Wort Flieder deutlich voneinander getrennt: „spanski bezeg“ heißt Flieder im Slowenischen, „argovan“ im Kroatischen – „orgovan“ im Slowakischen, „secik“ im Tschechischen. Die slowenische Bezeichnung ist interessant, weil die wörtliche Übersetzung „spanischer Holunder“ lautet. Dieser deutsche Name ist um 1600 in Wien dokumentiert. Die Slowenen entlehnen also ein Wort aus dem Deutschen, während die Kroaten ein persisches Wort übernehmen.

Genug Geschichte, kommen wir zur Pflanze!

Der Gewöhnliche oder Gemeine Flieder (Syringa vulgaris) zählt botanisch zur Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae) und ist daher unter anderem mit dem Olivenbaum (Olea europea) verwandt. Neben Syringa vulgaris gibt es etwa 30 weitere Fliederarten innerhalb der Gattung Syringa. Mit den ebenfalls als Ziersträucher verwendeten kleineren Sommerfliedern (Buddleja) aus der Familie der Braunwurzgewächse ist der Flieder nicht verwandt.

Das Gehölz ist ein sommergrüner Tiefwurzler, der einen sonnigen bis halbschattigen Standort bevorzugt. Bezüglich des Bodens ist Flieder recht anspruchslos. Er gedeiht aber am besten auf gut durchlässigen, sandig-humosen Böden und ist kalkliebend.

Je nach Sorte und Umweltbedingungen kann Flieder bis zu 6 m Höhe erreichen und zeigt dabei aufrechten Wuchs, bildet Ausläufer und besitzt ein hohes Ausschlagvermögen.

Die Blätter des Flieders sind gegenständig, dunkelgrün, spitz-eiförmig und können bis zu 10 cm lang werden. Er bildet zur Fruchtreife Fruchtkapseln mit abgeflachten, geflügelten Samen.

Der Schnitt ist meist kein Problem, da das Gehölz kaum empfindlich ist. Außerdem können der Pflanze selbst starke Winde nur schwer etwas anhaben.
 

Wann blüht Flieder?
Die wohlriechenden Rispen bestehen aus Einzelblüten und erschienen früher von Mai bis Juni, heutzutage allerdings schon ab Mitte April, und zeigen je nach Sorte weiße bis violette Farbe. Durch die Vielzahl der großen Blütenstände erfüllt der Flieder seine Umgebung mit angenehmem Duft.

Für üppige Blütenpracht ist Pflege und Standort wichtig. Bedeutsam ist neben dem Schnitt die ausgewogene Nährstoffversorgung, daher ist Düngung auf nährstoffarmen Böden nötig.
 

Ist Flieder bienenfreundlich?
Trotz seines Duftes ist der Gewöhnliche Flieder nur für Menschen interessant – für Insekten weniger. Aufgrund der geringen Nektarproduktion vieler Sorten und einiger bitterer Inhaltsstoffe fliegen Bienen lieber andere Blühpflanzen an.


Ist Flieder winterhart?
Flieder wird in die Winterhärtezone 4 eingeordnet und ist damit äußerst frosthart. So können ihm selbst Temperaturen bis -35 °C nichts anhaben. Bei einer Pflanzung im Topf sollten Sie vorsorgen, dass der Topf im Winter nicht komplett durchfriert.


Verwendung und Inhaltsstoffe
Durch Inhaltsstoffe wie etwa der Glycoside ist der Flieder leicht giftig und kann bei Aufnahme größerer Mengen Symptome wie Übelkeit oder Erbrechen auslösen. Da die Konzentration dieser Stoffe in den Blüten sehr gering ist, gelten diese allerdings als essbar und finden bei der Herstellung von Sirup oder Marmeladen Verwendung.

In der Medizin findet er Anwendung gegen Fieber, Verdauungsbeschwerden, zur Beruhigung sowie gegen Rheuma und auch als Duftstoff ist er weit verbreitet. So wurden Fliederblüten schon frühzeitig von Parfümeuren entdeckt. Das ätherische Öl wird durch Wasserdampfdestillation gewonnen und ist Bestandteil vieler Duftkompositionen.

Das Splintholz hat gelbliche bis rötlich-weiße, das Kernholz braune bis hellviolette Farbe und ist leider knapp bemessen, da die Stämmchen nur wenig hergeben. Aber für Drechselarbeiten und Intarsien ist es sehr beliebt, denn es ist hart und lässt sich gut polieren.

Flieder ist nicht gleich Flieder

Neben dem Gemeinen Flieder gibt es noch andere, vorwiegend aus Asien stammende Ziersträucher der gleichen Gattung Syringa, die im Gebiet zwischen Südosteuropa und Ostasien beheimatet sind, etwa in Nord- und Zentralchina.
 

Französischer Flieder und zahlreiche Sorten
Im ausgehenden 19. Jahrhundert bemühten sich vor allem französische Gärtner um Neuzüchtungen. Ähnliches gilt auch für viele asiatische Arten. Inzwischen gibt es eine Unzahl von Fliedersorten, die sich durch Wuchshöhe, Größe und Farbe der Blütenstände und ihren Duft unterscheiden, darunter auch einige gefüllte Sorten. So hat der Gärtner Victor Lemoine aus Nancy mehr als 153 Sorten kreiert, von denen noch heute viele als Klassiker im Handel sind.
 

Die Farbenvielfalt begeisterte Impressionisten
Züchterische Bemühungen haben bei den Fliedersorten eine ganze Palette von Farben hervorgebracht. Sie sind weiß, rosa, magenta, rot, blau bis tief lila. Oft sind die Knospen noch intensiver gefärbt als die sich öffnenden Blüten.

Die vielen Sorten, die dem Gemeinen Flieder auch den Namen Französischer Flieder einbrachten, haben die Maler des Impressionismus begeistert. Fliederblüten waren beliebte Motive von Edouard Manet, Paul Gauguin und Vincent van Gogh.
 

Der Name Syringa
Der botanische Name Syringa leitet sich von lateinisch syrinx, Rohr oder stellvertretend für die Panflöte ab, wegen der langen geraden Triebe. Den Namen hat der Vater der botanischen Nomenklatur, Carl von Linné, höchstpersönlich eingeführt.
 

Die Farbe Lila
Sprachlich hat der Flieder seinen Spuren im Deutschen hinterlassen: Etwas ist „lila“ gefärbt? Da ist der Gemeine Flieder quasi der Auslöser, denn „lilas“ heißt der Flieder auf Französisch. Das hat man von den Osmanen übernommen, genauer aus dem Persischen.

 

Auch wenn heutzutage der Flieder nicht mehr zu den klassischen Muttertagsgeschenken gehört, gibt es noch ein zeitloses und wertvolles Geschenk für seine Liebsten: Gemeinsam Zeit verbringen! 

In diesem Sinne wünschen wir einen schönen Muttertag.   


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