So manches aromareiche Gewürz entschwindet unserer Gedanken, weil es frisch geerntet nicht überall erhältlich ist. Doch manchmal kommt man drauf, dass es gar nicht weit weg ist: Der Kren wächst im eigenen Garten!

 

Ein pompejisches Wandgemälde belegt, dass Kren schon in der Antike bekannt war. Sogar der römische Feldherr und Geschichtsschreiber Cato (der Ältere; 234- 149 v.Chr.) beschäftigte sich damit in seinen Abhandlungen zum Ackerbau. Dennoch nehmen Wissenschaftler an, dass der „Meerrettich“, wie er im deutschsprachigen Europa genannt wird, ursprünglich aus Moldawien stammt und von den slawischen Völkern verbreitet wurde. Den ersten Hinweis dazu findet man in der 1543 erschienenen deutschen Ausgabe des „New Kreüterbuch“ von Leonhart Fuchs, deutscher Mediziner und Botaniker (1501-1566), der über das Vorkommen rund um Tübingen berichtet und auch festhält, dass er in Gärten kultiviert „ … ein wenig milter und besser ist.“

Es gibt verschiedene Auffassungen, woher die Bezeichnung dieser Pflanze stammt: Für unser Wort „Kren“ wird es das seit dem 13. Jahrhundert in Österreich, Bayern, Südtirol und im Schlesischen verwendete Lehnwort krenas aus dem slawischen Sprachraum mit der Bedeutung „weinen“ sein, oder vielleicht doch tschechisch chřĕn oder eine Verkürzung des Wortes kořen = Wurzel.

Andererseits vertritt das „Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache“ die Ansicht, dass die eigentliche Wortbedeutung einen „größeren Rettich“ – im Gegensatz zu dem damals bekannten kleinen Rettich – bezeichnet und mēr im Sinne von stärker oder größer im Althochdeutschen üblich war. Der deutsche Botaniker Heinrich Marzell (1885-1970) wiederum sieht darin die Bedeutung, dass der Kren „über das Meer gekommen“ sei, wie man zum Beispiel auch „Meerkatze“ und „Meerschweinchen“ interpretiert. Offen bleibt die Deutung, dass die frühere Schreibweise „Mährrettich“ von Mähre = altes Pferd stammt, wie der deutsche Bibliothekar und Germanist Johann Christoph Adelung (1732-1806) meint, der mit seinem deutschen Wörterbuch bekannt wurde. Die Begründung dafür liegt bei Adelung im englischen horseradish und im französischen radis de cheval.

Anbau und Verwendung

Kren, zur Familie der Kreuzblütler (wie Kohl, Kresse) gehörig, kommt heute immer noch in der Wildform in Mitteleuropa an Bächen und Flussufern, aber auch in Ostrussland und in der Ukraine vor. Spezielle Sorten gibt es bei Kren keine, es wurden in den vergangenen Jahrhunderten regionale Selektionen entwickelt, die zu verschiedenen Wurzelformen führten und nach Herkunft geschmacklich unterschiedlich sind. Die Krenpflanze kann mehrere Jahre alt werden, wird in landwirtschaftlichen Kulturen jedoch regelmäßig – im wahrsten Sinn des Wortes – aus der Erde geholt. Reif ist Kren, wenn die Schale durchgehend die typisch hellbraun-gelbliche Farbe aufweist. Ab März wird – beim sogenannten „Kren heben“ – aus den besten Seitenwurzeln jener Kren gesetzt, der im November oder im März des Folgejahres geerntet wird. Dafür muss jede Krenpflanze aus der Erde gehoben, die Seitenwurzeln abgerieben und die Pflanze wieder in die Erde gelegt und zugeschüttet werden. Pro Hektar liegen durchschnittlich 30.000 Wurzeln im Feld.

Nachdem erntereifer Kren ohne Qualitätsverlust im Feld bleiben kann, lässt man ihn bei geringer Nachfrage über den Winter in diesem natürlichen Lager. Der Pro-Kopf- Verbrauch beträgt 0,3 kg pro Jahr. Kren-Liebhaber wissen, dass er frisch geerntet am schärfsten ist.
Mit dem Anbau auf ca. 300 Hektar sorgen unsere Bauern dafür, dass ein Selbstversorgungsgrad von mehr als 100 Prozent erreicht wird. Mehr als 99 Prozent des Krens kommen aus der Steiermark, wo er seit den 1960er-Jahren angebaut wird, in Oberösterreich und in Niederösterreich gibt es kleine Anbaugebiete. Der steirische Kren trägt das europäischen g. g. A.-Siegel (geschützte geographische Angabe).
Ein einziger Bauer erzeugt Bio-Kren. Da er Schädlinge nicht mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bekämpfen kann, muss er auf Algen- und Bakterienpräparate zum Schutz und zur Stärkung der Pflanze greifen und Unkraut händisch entfernen. Viel Aufwand für die nur halbe Menge Kren, die im Vergleich mit konventionellem Anbau geerntet werden kann.

Als Krenwurzel oder geriebener Kren können nur die Hauptwurzeln verkauft werden. Die Seitenwurzeln werden von fünf heimischen Betrieben zu Krenprodukten – meist zu gerissenem Kren – verarbeitet.
Im Mittelalter galt Kren als Heilpflanze, bevor er auf den Esstischen üblich wurde. Seit den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts ist die antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung der beinhalteten Senföle wissenschaftlich belegt. Kenner seiner Eigenschaften bezeichnen ihn auch als „pflanzliches Antibiotikum“ und als „Penicillin aus dem Garten“. Da man im deutschen ‚Naturheilverein Theophrastus‘ der Meinung ist, dass das Potential von Kren zu wenig ausgeschöpft wird, hat man ihn zur Heilpflanze des Jahres 2021 gewählt.

Krenfleisch

Zutaten für vier bis sechs Personen
  • 1 kg Schweinsschulter (gemischt mit Bauchfleisch oder Schopfbraten)
  • 1 große Pkg. Wurzelgemüse
  • 1 große Zwiebel
  • 1 Lorbeerblatt
  • 1 Knoblauchzehe
  • 1 EL Essig
  • Salz
  • Petersilie
  • einige Pfefferkörner

zum Servieren

  • Schnittlauch
  • Kren

für die Beilage

  • ¾ kg festkochende Erdäpfel

 

Zubereitung

Das Fleisch in einige große Stücke teilen. Wurzelgemüse und Zwiebel waschen und schälen. Ein Drittel in mundgerechte Stücke teilen, zwei Dritteln in Juliennestreifen schneiden. Fleisch mit Gewürzen, Essig, Salz, Petersilie und mit Wasser bedeckt zustellen und zugedeckt eine gute Stunde köcheln lassen. Dann das in mundgerechte Stücke geschnittene Gemüse dazugeben. Die Schweinsschulter ist weich, wenn sich das Fleisch beim Versuch, es mit einer Fleischgabel senkrecht aus dem Kochsud zu heben, von der Gabel löst. Inzwischen die geschälten, geviertelten Erdäpfel in Salzwasser weichkochen. Die Juliennestreifen in einem Topf mit Kochsud in etwa fünf Minuten bissfest kochen. Das Fleisch in dünnen Scheiben aufgeschnitten mit Juliennegemüse und den Erdäpfeln anrichten, mit einem kleinen Schöpfer voll Kochsud begießen und mit Schnittlauchröllchen und frisch gerissenem Kren bestreut servieren.

Tipp: Wenn es schnell gehen muss, ist das Fleisch in 30 Minuten im Schnellkochtopf gar. Anschließend das Gemüse und die vorbereiteten Erdäpfel in etwa zehn Minuten offen im Fleischtopf garen und das Juliennegemüse extra in etwas Kochsud bissfest kochen.

Genuss ohne Tränen?

Wer Kren mit all seinen Vitalstoffen zu sich nehmen will, kommt nicht umhin, die Wurzel – am besten frisch im Garten geerntet – selbst zu reiben. Damit Kren sein volles Aroma entfaltet, soll man die Krenwurzel eher senkrecht zur Reibe halten, damit er nicht gerieben, sondern gerissen und nicht fasrig wird. Mit Zitronensaft oder Essig vermischt, wird er nicht so schnell braun.

Wer sich das tränenreiche Raspeln ersparen will, kauft die im Lebensmittelhandel angebotenen 60-g-Gläschen, die allerdings neben gerissenem Kren Rapsöl, Zitronensäure, Salz und Sulfite, das sind Antioxidations- und Konservierungsmittel, enthalten.

Eine frische Krenstange hält bis zu zwei Wochen im Kühlschrank, wenn man sie in ein mit Essig befeuchtetes Tuch wickelt. Die ungeschälte Wurzel und den geriebenen Kren kann man auch einfrieren, muss aber Aroma- und Schärfeverlust in Kauf nehmen.

Kren passt zu einer rustikalen Jause, z. B. zu kalt aufgeschnittenem Schweinsbraten, zu gekochtem oder kaltem Rindfleisch, zu Fisch, Würsteln, Suppen und vielem mehr. Vor allem zu Tafelspitz darf Apfelkren oder Semmelkren nicht fehlen! Frisch im März geerntet ist der Kren die klassische Beilage für die Osterjause mit Schinken und Ei. Nicht zuletzt ist der Kren unverzichtbar für das Steirische Wurzelfleisch!


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